BEL AIR-Projekt validiert schonenderen und verlässlicheren Endotoxin-Test

BEL AIR-Projekt validiert schonenderen und verlässlicheren Endotoxin-Test
Der Pfeilschwanzkrebs (Limulus polyphemus, links) freut sich über rekombinante Alternativen zur Endotoxinbestimmung (rechts), die während des BEL AIR-Projekts im Mikrobiologischen Labor in Münster validiert wurden. | Quelle: MiBiLab

Innerhalb des deutsch-niederländischen INTERREG-Projekts BEL AIR, in dem Lösungen für saubere und gesunde Luft bei Geflügelmastbetrieben entwickelt werden, wurden von den Projektpartnern zahlreiche Proben von Luft, Wasser, Einstreu oder Kot gesammelt und auf schädliche Endotoxine analysiert. Über lange Jahre war der LAL-Test dabei die gängige Methode zur Analyse solcher Proben auf Entotoxine. Innerhalb von BEL AIR konnte mit dem rFC-Test nun aber eine schonendere, nachhaltigere und eindeutigere Analysemethode etabliert werden – ein wichtiger Erfolg für das deutsch-niederländische Kooperationsprojekt.

Die Abkürzung LAL bei der bislang gängigen Analysemethode steht für „Limulus-Amöbozyten-Lysat“. Der Test basiert auf dem Blut der Pfeilschwanzkrebse, die allerdings weltweit vom Aussterben bedroht sind. Neben Problemen hinsichtlich des Tierwohls ist dieses Testverfahren auch wenig nachhaltig, da die Tierbestände weltweit zurückgehen. Nachteil des LAL-Tests ist zudem, dass die Empfindlichkeit der Tests immer sehr von der jeweiligen Charge abhängig ist, da das Blut von lebenden Tieren gewonnen wird und damit individuell bedingte Unterschiede eine Rolle spielen. Bei der Analytik mit diesem Test treten zudem vermehrt Probleme mit unterschiedlichen Störfaktoren auf, was die Interpretation der Ergebnisse erschweren kann.

Während der LAL-Test auf einer Reaktionskaskade beruht, wird beim rFC-Test ein einziger, bestimmender Reaktionsschritt durchlaufen. rFC steht für „recombinant factor C“ und bietet gegenüber dem bisherigen LAL-Standard verschiedene Vorteile. So ist die neue Analysemethode weniger störanfällig, tierschonend und nachhaltig, da der Test ohne Tierblut rekombinant hergestellt wird. Durch sein „single step“-System fällt zudem die Reaktionskaskade weg und Störsubstanzen haben weniger Ziele.

„Wir haben einen wichtigen Beitrag für neue nachhaltige Standards geleistet“

Federführend für die Analysen innerhalb des BEL AIR-Projekts war das Mikrobiologische Labor Dr. Michael Lohmeyer (MiBiLab) aus dem westfälischen Münster. Bis Untersuchungsergebnisse vorlagen, hatten Mitarbeiter:innen des Labors andere Luft-, Futter- und Einstreuproben, die aus Tests der anderen Projektpartner in deutschen und niederländischen Geflügelställen stammten, parallel sowohl mit dem LAL- als auch mit dem rFC-Verfahren analysiert. Gleichzeitig war das MiBiLab gemeinsam mit einer Hand voll anderer Arbeitsgruppen an einer Studie beteiligt, bei der es um die Erarbeitung neuer VDI-Richtlinien für Endotoxin-Vorkommen an Arbeitsplätzen ging.[i]

Für das MiBiLab und die anderen zehn BEL AIR-Partner ist die Validierung und Etablierung des rFC-Tests ein wichtiges Ergebnis. „Wir sind sehr stolz, dass wir unseren Teil dazu beitragen konnten, neue nachhaltige Standards bei der Analyse von Endotoxinen zu setzen und Erfahrungen bei der Analytik in unterschiedlichsten Probenarten zu sammeln“, bewertet MiBiLab-Projektleiterin Dr. Rauni Kuczius die erzielten Ergebnisse. Innerhalb der Europäischen Union ist der rFC-Test als Analysemethode mittlerweile auch im Europäischen Arzneimittelbuch aufgenommen worden. „Und auch eine VDI-Vorschrift für Luftbeprobung und -analyse am Arbeitsplatz ist erarbeitet worden. Sie besagt, dass der rFC-Test die erste Wahl bei der Luftmessung am Arbeitsplatz ist.“, ergänzt MiBiLab-Projektmitarbeiter Dr. Michael Larsen.

Das BEL AIR-Projekt

Innerhalb des BEL AIR-Projekts werden seit Ende 2018 von deutschen und niederländischen Partnern verschiedene Technologien zur Reduktion von Endotoxinemissionen in und außerhalb von Geflügelställen (weiter-)entwickelt und getestet. Endotoxine (Lipopolysaccharide) entstehen beim Zerfall Gram-negativer Bakterien und werden auch im Magen-Darm-Trakt von Tieren freigesetzt und mit dem Kot ausgeschieden. Sie heften sich an Staubpartikel und können bei Menschen wie Tieren unter anderem für Atemwegserkrankungen und Einschränkungen der Lungenfunktion mitverantwortlich sein. Das Projekt zielt darauf ab, Endotoxine und Feinstaub weiter zu reduzieren, mit dem Ziel, zu einem gesünderen Lebensumfeld für Menschen und Tiere in den Ställen sowie die Anwohner beizutragen. Weitere Informationen unter www.belair-project.eu.

BEL AIR wird im Rahmen des INTERREG V A-Programms Deutschland-Nederland durchgeführt und mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und des niederländischen Ministerie van Economische Zaken en Klimaat, des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und der Provinzen Gelderland, Limburg und Nordbrabant mitfinanziert. Es wird begleitet durch das Programmmanagement bei der Euregio Rhein-Waal.


[i] Gärtner, Andrea et al. 2020: Emissionsmessung von Endotoxinen – Vergleichsuntersuchung mit LAL- und rFC-Tests sowie Ermittlung von Verfahrenskenngrößen, Gefahrstoffe Jg. 80, Nr. 9/2020, S. 329-334, Online.